Datum: 

22 Nov 2023

Autor: 

PREO AG

Microsoft-Lizenzierung


Dieser Blogbeitrag wurde in Zusammenarbeit mit Gastautor Zabiullah Hamidi, Software Asset Manager, selbstständiger Microsoft Lizenztrainer und Consultant, verfasst.


Das neue Lizenzmodell unter der ökonomischen Lupe     

Am 1. Oktober 2022 und der Einführung der Windows Server 2022 Edition trat für das Serverbetriebssystem ein neues, revolutionäres Lizenzmodell in Kraft: die Lizenzierung nach einzelner virtueller OSE (Operating System Environment). In einem weiteren Blog-Beitrag wurden die verschiedenen Lizenzbestimmungen des Windows Servers bereits ausführlich erläutert und analysiert, vor diesem Hintergrund soll an dieser Stelle lediglich eine kurze Zusammenfassung erfolgen:


Das Windows Server Betriebssystem wurde seit der Veröffentlichung der 2016er Version ausschließlich auf Basis physischer Prozessorkerne (physical cores) lizenziert. Die Lizenzierung war also streng hardwaregebunden. In diesem klassischen und weiterhin verfügbaren Lizenzmodell müssen alle physischen Kerne des Host lizenziert werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob Windows Server als Instanz in einer virtuellen Betriebssystemumgebung (einer VM) oder unmittelbar in einer physischen Betriebssystemumgebung (auf der physischen Hardware) ausgeführt wird. 


Gemäß der Mindestlizenzierung des Lizenzmodells nach physischen Cores, müssen jedem Prozessor acht beziehungsweise dem Server 16 Kernlizenzen zugewiesen werden. Aufgrund dieser Mindestlizenzierung kann es zu einer Diskrepanz zwischen der tatsächlich vorhandenen Anzahl und der lizenzrechtlich erforderlichen Anzahl an physischen Cores kommen. Ist ein physischer Server also mit weniger als 16 physischen Cores ausgestattet, müssen diesem Server dennoch 16 Kernlizenzen zugewiesen werden. Die Windows Server Standard-Lizenzierung erlaubt die Ausführung einer Instanz der Serversoftware in der physischen Betriebssystemumgebung (physical OSE, kurz POSE) und bis zu zwei Instanzen der Serversoftware in virtuellen Betriebssystemumgebungen (virtual OSE, kurz VOSE), sofern die physische OSE nur zum Hosten und Verwalten der virtuellen OSEs genutzt wird. Werden weitere virtuelle OSEs benötigt, müssen in der Standard-Lizenzierung alle physischen Cores des Servers nochmals lizenziert werden. Dies berechtigt zur Ausführung zwei zusätzlicher VOSEs. Das Virtualisierungsrecht der Datacenter-Edition hingegen berechtigt zur Ausführung in beliebig vielen Betriebssystemumgebungen (bei einmaliger Lizenzierung aller physischer Cores).


Lizenzierung nach einzelner virtueller OSE nur für Abo-Lizenzen oder mit aktiver SA

Wenn nach einzelner virtueller OSE lizenziert wird, kann jede virtualisierte Betriebssystemumgebung unabhängig von der zugrundeliegenden Hardware einzeln lizenziert werden. Die Anzahl der erforderlichen Lizenzen entspricht dabei mindestens der Anzahl von virtuellen Cores (vCores) in der virtuellen OSE. Jede virtualisierte Betriebssystemumgebung erfordert nach Vorgaben der Lizenzbestimmungen mindestens acht Kernlizenzen (Mindestlizenzierung), selbst wenn technisch der virtuellen Maschine weniger als acht virtuelle Cores zugewiesen sind. 


Die Lizenzierung nach einzelner virtueller OSE ist allerdings nur für Abonnementlizenzen oder Lizenzen mit aktiver Software Assurance (SA) verfügbar. Gleiches gilt für alle Zugriffslizenzen (CALs), die für den Zugriff auf die Software unter diesem Lizenzmodell verwendet werden. Diese müssen ebenfalls als Abonnementlizenzen erworben werden oder über eine aktive Software Assurance verfügen.

Microsoft Lizenzmanagement - wo liegt der wirtschaftliche Mehrwert des neuen Lizenzmodells? 

Wenn die kostenintensive Software Assurance – sowohl für die Kernlizenzen als auch die Zugriffslizenzen – obligatorisch ist, stellt sich unweigerlich die Frage nach dem wirtschaftlichen Mehrwert, den das neue Lizenzmodell mit sich bringt. Schauen wir uns hierzu zunächst einen alleinstehenden, sogenannten „Stand-alone-Server“, ausgestattet mit 64 physischen Kernen, an. Der Einfachheit halber nehmen wir an, dass auf dem Host die Virtualisierungslösung eines Drittanbieters, beispielsweise VMWare, ausgeführt wird. Weiterhin wird angenommen, dass 20 virtuelle OSEs (jede VOSE hat vier virtuelle Kerne und führt die Standard-Edition aus) auf dem physischen Server gehostet werden. Aus dem vorhergehenden Blogbeitrag ist bekannt, dass bei der Lizenzierung „nach physischen Cores“ der Break-Even-Point bei 10 virtuellen OSEs liegt. Laufen auf dem physischen Server also weniger als 10 VOSEs, ist es ökonomischer, eine Vielzahl von Standard-Lizenzen „zu stapeln“ (License Stacking). Werden mehr als 10 VOSEs auf dem Host ausgeführt, dann macht es wirtschaftlich mehr Sinn, mit der Datacenter-Edition zu lizenzieren und das unbegrenzte Virtualisierungsrecht in Anspruch zu nehmen. Im vorliegenden Szenario werden 20 VOSEs ausgeführt, sodass bei der klassischen Lizenzierung nach physischen Cores die Entscheidung schnell zu Gunsten der Datacenter-Edition gefällt werden kann und das unabhängig von der Anzahl an physischen Cores.


Alt gegen neu - Lizenzmodelle im Vergleich und mögliche Ersparnis

Wie sieht es nun aber aus, wenn nach einzelner virtueller OSE lizenziert werden soll?

Da jede virtuelle OSE im beschriebenen Szenario vier vCores besitzt, die Mindestlizenzierung aber acht Lizenzen erfordert, ergibt sich die Anzahl der erforderlichen Lizenzen aus der Anzahl an VOSEs: * 8 – also 20 * 8 = 160  


Diese 160 benötigten Standard-Lizenzen sind jetzt kaufmännisch ins Verhältnis zu dem alternativen Lizenzmodell zu setzen, der Lizenzierung nach physischen Cores mit der Datacenter-Edition und dem unbegrenzten Virtualisierungsrecht. Das Preisverhältnis von einer Datacenter- zu einer Standard-Zweikernlizenz (2Core Pack) liegt bei (etwa) 5,6 (die Datacenter - Edition ist also mehr als fünfeinhalbmal so teuer wie die Standard - Edition), für eine Zweikernlizenz Datacenter erhält man also 5,6 Zweikernlizenzen der Standard-Edition. Sind in unserem Beispiel für die Lizenzierung einzelner virtueller OSEs 80 Zweikernlizenzen (Standard) erforderlich, wären es bei der Lizenzierung nach physischen Cores 32 Zweikernlizenzen Datacenter. 


Beim Preisverhältnis Datacenter zu Standard von 5,6 können für 32 Zweikernlizenzen Datacenter also fast 180 Zweikernlizenzen Standard erworben werden – mehr als das Doppelte an Zweikernlizenzen, die benötigt werden, wie wenn nach einzelner virtueller OSE lizenziert werden würde (nämlich 80). 


Im Ergebnis zeigt sich, dass signifikante Lizenzkosten-Einsparungen - in diesem Fall über 50 Prozent - durch die Anwendung des neuen Lizenzmodells möglich sind.

 

Microsoft Lizenzmanagement – Lizenzierung nach einzelner virtueller OSE auch auf Microsoft-Virtualisierungslösungen möglich.

Weithin wird angenommen, dass die Lizenzierung nach einzelner virtueller OSE nur dann geeignet beziehungsweise möglich ist, wenn Windows Server Instanzen virtualisiert (wie im obigen Szenario beschrieben) auf einer nicht Microsoft basierenden Virtualisierungslösung ausgeführt werden, beispielsweise VMware, Red Hat, SUSE, Citrix oder andere Anbieter. 


Was wenig bekannt ist und aus den Lizenzbestimmungen auch nicht hervorgeht: 


Die Lizenzierung nach einzelner VOSE ist auch dann möglich, wenn auf dem Host Hyper-V (Windows Server) in der Standard - Edition ausgeführt wird. Hierbei werden einerseits die physischen Kerne des Servers lizenziert (in unserem Fall 64 physische Cores), was dem Kunden bekanntlich das Recht zum Ausführen der Serversoftware in zwei virtuellen OSEs einräumt. Andererseits werden die verbliebenen virtuellen OSEs (18 an der Zahl) eigenständig nach einzelner virtueller OSE lizenziert, anstatt für weitere Virtualisierungsrechte die physischen Kerne nochmals vollständig zu lizenzieren*. Ohne in die mathematischen Details gehen zu wollen: Auch in solch einem Szenario wäre die Lizenzierung nach einzelner virtueller OSE weitaus günstiger als die Lizenzierung nach physischen Cores mit der Datacenter-Edition.


Microsoft-Lizenzmanagement – Vorteil der Lizenzmobilität über mehrere Serverfarmen hinweg

Seine vollständigen wirtschaftlichen Vorteile entfaltet die Lizenzierung nach einzelner virtueller OSE aber erst in virtualisierten Infrastrukturen, zum Beispiel einem systemübergreifenden VMWare-Cluster, bestehend aus virtuellen OSEs über mehrere physische ESXi-Hosts hinweg. Grundsätzlich gilt in der Microsoft-Lizenzierung, dass eine Lizenz einem anderen Gerät oder Nutzer zwar neu zugewiesen werden kann, „jedoch nicht weniger als 90 Tage seit der letzten Neuzuweisung derselben Lizenz.“ Mit anderen Worten: Eine Lizenz ist 90 Tage lang an die Hardware oder den Nutzer gebunden und kann erst nach Ablauf dieser Karenzzeit neu zugewiesen werden - es sei denn, die Lizenz verfügt über die sogenannte Lizenzmobilität über mehrere Serverfarmen hinweg, einer Software Assurance-Vergünstigung, die selbstredend nur für Lizenzen gilt, die unter aktiver SA stehen oder SA-Äquivalente besitzen. 


Ist eine Volumenlizenz für einen Microsoft Server also mit aktiver Software Assurance ausgestattet und die Nutzung der Lizenzmobilität durch die Microsoft Lizenzbestimmungen erlaubt, so kann diese Lizenz beliebig oft innerhalb der unternehmenseigenen Serverfarm verschoben werden. Eine Serverfarm ist „ein Rechenzentrum oder zwei Rechenzentren, die sich beide entweder in Zeitzonen mit weniger als vier Stunden Unterschied und/oder innerhalb der EU oder der EFTA befinden.“ Allerdings ist der Windows Server sowohl in der Standard-Edition als auch Datacenter-Edition) von der Lizenzmobilität ausgenommen, selbst wenn er aktive Software Assurance vorweisen kann. Doch es gibt eine Ausnahme:

Neue Lizenzierungsszenarien durch “Relaxed Reassignment Rights”

Das Lizenzmodell nach einzelner virtueller OSE beinhaltet sogenannte „Relaxed Reassignment Rights“, die selbst vom definitorischen Wortlaut identisch mit der soeben diskutierten Lizenzmobilität über mehrere Serverfarmen hinweg sind. In den Lizenzbestimmungen heißt es dazu: „Der Kunde kann seine Lizenzen so oft wie nötig zu einem seiner lizenzierten Server neu zuweisen, die sich innerhalb derselben Serverfarm befinden.“ Damit wird de facto die vollständige Lizenzmobilität in virtualisierten Infrastrukturen legalisiert. Dies ermöglicht bisher ungeahnte Lizenzierungsszenarien. Doch welche wirtschaftlichen Auswirkungen kann solch eine vollständige Lizenzmobilität in einer virtualisierten Infrastruktur haben?

Microsoft Lizenzmanagement – wirtschaftliche Auswirkungen bei vollständiger Lizenzmobilität

Hierzu sei vorausgeschickt, dass aufgrund von Live-Migration-Anwendungen, zum Beispiel VMotion, mithilfe derer Workloads von Servern auf andere Server in Echtzeit verschoben werden können, Microsoft bei Servern in Clustern voraussetzt, dass jeder einzelne Host in dem Cluster zu jeder Zeit für die Maximallast an Workloads (also an virtuellen OSEs) lizenziert ist – sofern keine Lizenzmobilität gestattet ist (wie beispielsweise beim klassischen Windows Server). 


Um bei unserem Beispiel zu bleiben: Ausgehend von einem VMware vSphere Cluster, bestehend aus vier ESXi Hosts (mit je 64 physischen Cores) und insgesamt 25 virtuellen OSEs (alle Windows Server Standard, 4 vCores pro VM). Aufgrund fehlender Lizenzmobilität und aktivierter automatisierter Verschiebung von VOSEs, muss jeder Host für die maximale Last an VOSEs lizenziert sein – also jeder einzelne Host für 25 VOSEs. In dem Lizenzmodell nach physischen Cores wäre die wirtschaftlichste Lizenzierungsalternative, jeden Host mit der Datacenter-Lizenz auszustatten und das unbegrenzte Virtualisierungsrecht in Anspruch zu nehmen (wir erinnern uns an den Break-Even-Point von 10 VOSEs). Jedem Host müssen vor diesem Hintergrund 32 Datacenter Zweikernlizenzen zugewiesen werden, der gesamte Cluster konsumiert demnach 124 Datacenter-Lizenzen. 


Lizenzieren wir den Cluster nun nach einzelner virtueller OSE und nehmen die Lizenzmobilität in Anspruch, müssen lediglich die 25 VOSEs lizenziert werden, da bei einer Arbeitslastverschiebung von einem Server auf einen anderen die dazugehörigen Lizenzen der virtuellen OSE von einem Host auf den anderen „mitwandern“ dürfen. Dabei ist zu beachten, dass die Lizenzen immer der physischen OSE (Hardware) zugewiesen werden, niemals einer virtuellen OSE). Da jede VOSE mit der Mindestlizenzierung (8 vCores) auskommt, kann der gesamte Cluster mit 100 Zweikernlizenzen Standard lizenziert werden. Wir erinnern uns an das Preisverhältnis einer Zweikernlizenz Datacenter zu Standard (5,6) und stellen fest, dass die 124 Datacenter-Lizenzen, die bei der Lizenzierung nach physischen Cores erforderlich wären, den Kosten von fast 700 Standard-Lizenzen entsprechen. Die Lizenzierung nach einzelner virtueller OSE würde somit in etwa nur ein Siebtel der Kosten verursachen, die noch vor dem 1. Oktober 2022 angefallen wären.

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Am 28.11.2023 von 12:30 bis – 13:15Uhr CET spricht unser Head of Sales Europe Lennart Martens mit Microsoft-Lizenztrainer und -experte Zabiullah Hamidi.


Am 29.11 2023 von 12:30 - 13:15 CET folgt der Talk in englischer Sprache.


Trotz Verlockung - neues Modell ist für das Lizenzmanagement eine Herausforderung

So verlockend das Lizenzmodell nach einzelner virtueller OSE insbesondere für Server-Cluster in der Theorie auch klingen mag, die Anwendbarkeit in der Praxis muss sich erst noch unter Beweis stellen. Wie stellt das Software Asset Management zum Beispiel sicher, dass alle CALs (nicht nur die Windows Server CAL (Base CAL), sondern auch die sogenannten zusätzlichen Zugriffslizenzen (Additive CALs), wie beispielsweise die CAL für Windows Server Remotedesktop-Dienste, die auf lizenzierte Server zugreifen), aktive SA oder SA-äquivalente Rechte haben? Insbesondere in komplexen Konzerndefinitionen im Enterprise Agreement kann dies zu einer großen Herausforderung werden. Die weitaus größere ist jedoch, historisch korrekt nachzuhalten, wie sich virtuelle OSEs und die dazugehörigen Lizenzen verschoben haben. Über allem steht aber letztlich die Frage, ob sich die obligatorischen Software Assurance-Kosten für Kernlizenzen und die Zugriffslizenzen durch die mögliche Einsparungen langfristig überhaupt amortisieren werden.


Microsoft Lizenzmanagement – besonders effizient mit gebrauchten Lizenzen

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